Sason *274 km

Wir sind nach dem schweren Abend aus Nemrut Dagi spät losgekommen. Es galt einiges zu verdauen. Spät losgekommen, lange gefahren, im Dunkeln angekommen. Unterkunft im Navi rausgesucht, jedoch existierte diese nicht mehr.

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Das war eine Unterkunft von Hirten, welche wir auf dem Weg gesehen hatten. Sie leben von und mit den Tieren. Ich frage mich, wie diese Tiere, welche hier gehortet und gehütet werden, in die Industrie gelangen. In den Städten sieht man an jeder Ecke vier Döner-Läden. Also… nicht übertrieben… es gibt überall Fleisch in Massen, es qualmt, es raucht, es brennt, es grillt, überall… Und man fährt in Richtung Zivilisation und riecht diesen Geruch schon weit vor sich, je nach Windrichtung. Weiterhin frage ich mich, wie diese Menschen entlohnt werden. Was mit den Tieren passiert, wie die „Value Chain“ hier einfach funktioniert.

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Ich bin immer noch auf der Suche nach einem Lammfell für meine Sitzbank 😀 – Mache ich es mir selber? hmmmmmmmm – Lieber nicht.

Also, verspiegeltes Visier auf und einfach in der Dunkelheit, den Fliegen entgegen, weiter fahren so lange bis die nächste – hoffentlich diesmal existierende – Unterkunft gefunden ist. Wir fuhren an verlassenen Militärkontrollen vorbei, erste Ölfelder-Pumpen, in einer Kurve zum GPS Point des Hotels. Naja da war halt wieder mal nichts. Mein Reisepartner sagte, dass im Ort zwei „Otels“ gewesen seien, welche ich einfach durch die Konzentration der Fahrt mit offenen Visier in der Dunkelheit komplett übersehen hatte. Hier liegt stets die Konzentration auf der Straße zur Ausschau nach Schlaglöchern oder Wölbungen, welche das Fahrwerk am Hinterrad spüren lässt. Gesagt – Getan. Angekommen am Hotel, musste ich für kleine Königstiger wie kaum zuvor. Sauerländer checkte diesmal die Unterkunft und er lies mich warten… und warten… und ich hab schon überlegt ob ich einfach den nächsten Busch anschaue, was aber ziemlich dämlich käme, da alle Augen auf die Motorräder gerichtet waren. Somit hieß es – AUSHARREN. Wenn man eine Tankfüllung lang (ca. 240 KM – ca. 3 bis 3,5 Std.) seine Bedürfnisse zurückhält, ist das echt anstrengend. Nun war er da und kam freudig zurück. Preis ok, Unterkunft ok. Die Kommunikation war das Problem. So wurde der Abend ausgehandelt:

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Es wurde auch noch mit einer jungen Dame telefonierte, um den Zettel zu festigen. Das war mein Go in Richtung Zimmer. Endlich eine Sanitäranlage. Am Abend haben wir viel organisatorisches aufholen und auch den Blog voran treiben können. Welches sich bislang als schwierig erwiesen hat.

Am nächsten Morgen stand einfach ein junges nettes zuvorkommendes Mädel vor unsere Nase am Empfang. Sie konnte englisch, es war die Dame vom Vorabend am Telefon. Sie ist extra für uns, um sich auszutauschen, ca. 70 KM gefahren. Unglaublich. Sie war sehr aufgeschlossen, kontaktfreudig und sehr sehr an unserem Vorhaben interessiert. Beim Frühstück, als wir mit dem Teller in der Hand am Buffet standen, hat sich das Gespräch entwickelt. Sauerländer war schon am Essen, jedoch war das Interesse so groß, dass ich kaum den Teller vor lauter Fragen füllen konnte. Wir aßen und natürlich gibt es Chai. Also waren wir nun zu dritt am Tisch und es hagelte Neugier in einer höflichen Art und Weise erneut. Nun stand der Großvater da, mit einem Gebetsring in der Hand und es kam zu einer Situation, welche wir im Vorfeld schon vermeiden wollten. Themen wie Politik und Religion sind einfach Tabu und man möchte diese Fragen ungern beantworten. Nur wenn ein älterer Herr vor einem steht, sehr wahrscheinlich kurdischer Herkunft, und fragt einen über Erdogan. – Was tut man? – Es ist eine Sache des Respektes, somit haben Deutsche auch eine Merkel und es sind nicht alle zufrieden mit ihr, jedoch gilt es sowas zu respektieren. Vl. hat Bervin nicht alles 100 %ig verstanden, jedoch hofften wir es zu diesem Zeitpunkt ihrem Großvater mitteilen zu können. Er verstand überhaupt nicht, dass wir nur Danke und Tschüss und Hallo auf türkisch konnten. Man könne doch nicht wo hin fahren und nichts verstehen. Das Gespräch war irgendwie auch sehr schnell damit beendet.

Wir verabschiedeten uns von Berfin und packten unsere Sachen im Zimmer und unsere Mopeds. Sie war so erfreut über unseren Besuch, beobachtete alles vom Balkon aus. Sodass ich einfach noch einmal aus Höflichkeit fragen wollte: „hey do you want to drink a Chai with us?“ „OF COURSE – IM WAITING“ – Die Motorräder fertiggepackt gingen wir in Richtung Lobby und haben einen Chai (turkish coffee) getrunken.

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Uns Fragen gestellt und sehr sehr respektvolles Interesse. Sie wollte uns weiterhelfen in jeder Situation. Chai war leer, also nun, was zu tun? Sie verabschiedete sich auf ihre Art und Weise, ich hab sie einfach mal umarmt und Tschüssi Kovski gesagt. Ich glaube das war etwas überraschend. Jedenfalls gingen wir zum Ausgang und packten die Motorräder, während Bervin vom Balkon aus wieder gespannt schaute. Vertieft im Packen, Eincremen (Faktor 50) für den Tag, Details planen, im Kopf schon die nächsten 100 KM, kam eine Stimme „lflfllflflflfllf“ – „What?“ – Berfin hatte nur höflich gefragt „friendship?!?!“ “ – OF COURSE FRIENDSHIP“ „Thanks for staying here, thanks for your contact, thanks and sorry for all your effort“ Unglaublich, sehr sehr schön und nett.

2 Gedanken zu “Sason *274 km

  1. Gryvelan

    hi Max und Holger,
    wieder einmal — ein super Bericht. Sehr authentisch, sind quasi dabei.
    Das mit den nicht vorhandenen Hotels ist normal. Einfach Leute anquatschen, die haben ‚gefühlete‘ 38 Brüder und nochmal soviel sog. Onkels. Einer davon hat immer einen Hoteltreffer.

    Aber ihr habt ja einen Unterkunft gefunden. Der ‚Aushandel Zettel ‚ ist übrigens spitze…

    In der Dunkelheit fahren ist schon sportlich. Ich wäre vor vielen Jahren , nachts, im Balkan einem Heuhaufen fast mit Tempo ~80km/h draufgefahren. Dies war ein Ochsengespann, was einen Anhänger zog und komplett mit Heu beladen war. Beleuchtung Fehlanzeige.
    Und ein Land Rover bremst wirklich unterirdisch schlecht, geht bei der Marke mehr um ‚Go anywhere‘ wobei der Fokus auf ‚go‘ liegt.

    Und immer auf gerade stehende Baumzweige auf der Asphaltstraße achten.
    Da würde der Kanalschachtdeckel oder Gullydeckel gerade für was anderes gebraucht, weil fehlt.

    Ich schreibe dies nur, weil ich auch mal was schreiben wollte.
    Logischerweise wisst ihr das, seit ja weit genug gekommen und habt bestimmt schon vorher solche Touren unternommen.

    Das mit den politischen/religiösen Gesprächen verstehe ich. Manchmal nicht einfach die Kurve zu bekommen..
    Kannst ja sagen , das du nur RTL 2 schaust und von nix, außer Motorräder und etwas Manga Ahnung hast… und natürlich von den 5000 Biersorten aus aller Welt….

    Von Bervin gibts wohl kein Bild?

    Wird Dennis bestimmt irgendeinen Blocker eingeschaltet haben z.T. Persönlichkeitsrechte. Schlimm…….

    In diesem Sinne
    MAXE HAU REIN (HOLGER EBENFALLS)

    Karin && Michael

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